Tag 17 – Angekommen

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  • Beitrag veröffentlicht:November 20, 2018
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In Horrorfilmen und Thrillern liefen die Opfer immer nach oben. Immer die Treppen rauf und es hatte sie wahnsinnig gemacht. Es war doch klar, dass das eine Sackgasse war. Oben blieben nur noch zu hohe Fenstersimse oder das Dach. Dahin lief man doch nicht auf der Flucht vor seinem Mörder.

Und jetzt war sie es, die die Treppen hinauf lief. Hinter ihr war aber kein Mörder her. Auch niemand mit einer fiesen Maske oder hämischem Lachen. Die einzige, die hinter ihr her war, war sie selbst. War der Teil von ihr, der voller Erwartungen steckte. Voller Ansprüche und Müssenwollen. Dieser Anteil trieb sie da nach oben. Das war ja auch klar, da oben war es hell, da war Licht. Da war vielleicht endlich das Ziel. Das langersehnte Ziel. Aber da oben war es so hell, weil da eine Sackgasse war. Genau wie im Horrorfilm. Da ging es nicht weiter. Da war es hell, aber leer. Da war sie außer Atem, hing am Geländer und rang um Luft. Und musste feststellen, dass sie sich umsonst verausgabt hatte. Dass die Aussicht von da oben neblig und kalt war. Und kein bisschen schön. Nein, das war nicht das Oben, das sie sich vorgestellt hatte.

Also ging sie langsam Stufe um Stufe wieder hinunter. In den Stockwerken traf sie alte Freunde wieder. Da saß ein Häufchen Mitgefühl am Rand. Am Geländer lehnte alte bekannte Träume und Hoffnungen. Da waren Zuversicht und ein paar Mutige. All die folgten ihr nun auf dem Weg nach unten. In die Dunkelheit. Begleiteten sie und legten ihr die Hand auf die Schulter, wenn sie zögerte, nickten ihr aufmunternd zu.

Und als sie unten angekommen waren, da sah sie eine Tür. Nach all der Zeit endlich wieder eine Tür. Sie ging darauf zu und öffnete sie. Es wurde hell im dunklen Treppenhaus und sie trat hinaus. Und stand plötzlich in einem anderen Haus. Hier gab es ebenfalls Treppen, aber auch Rutschen und Seile. Es gab Hängematten zum Ausruhen. Sie ließ sich hineinfallen und ihre Freunde sanken ebenfalls zu Boden. Klopften ihr auf die Schulter für diesen Weg, den sie geschafft hatte. Und das Haus, das sie nun gefunden hatte, in dem sie angekommen war. In dem sie nun, Schritt für Schritt, ihren Weg gehen konnte.

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