Mutig sein

Noch 9 Tage. Dann geht mein Flug nach Island. Zwei Wochen nur ich allein auf dem für mich schönsten Fleck der Welt. Hab zwar noch nicht viele gesehen, muss ich aber auch nicht. Island hat alles, was ich brauche. Eine Sprache, die ich nicht verstehe. Landschaft, die nach jeder Straßenbiegung anders aussieht. Mehr Natur als Menschen. Das Meer.

Eine Freundin meinte neulich, dass sie mich für sehr mutig halte, weil ich da ganz allein hin fahre. Und ich war ein bisschen erstaunt. Denn für mutig halte ich mich nicht unbedingt. Kann aber auch dran liegen, dass ich schon andere mutige Dinge getan habe. Mit 23 nach Schottland auswandern zum Beispiel. Ohne einen Plan zu haben, ohne dort jemanden zu kennen. Das war mutig. Aber weil es etwas war, was in mir als völlig nach „das mach ich jetzt“ schmeckte, fühlte es sich nicht sonderlich mutig an. Es gab auch Momente, da fühlte sich das eher nach „Was zum Geier mach ich hier?“ an. Aber bereut habe ich keine Sekunde davon.

Mutig war es auch drei Kinder zu bekommen. Das hält nur keiner für mutig, das halten die meisten für selbstverständlich. Aber Kinder zu erziehen braucht immer wieder Mut. Von der Geburt mal abgesehen. Es hat mich irre viel Mut gekostet meinen Sohn mit sechs Monaten dem Herzchirurgen zu überlassen. Aber ich hatte wiederum keine Wahl. Jede weitere Entscheidung, die meine Kinder betraf, hatte auch mit Mut zu tun. Weil da immer so ein kleines Leben dran hing. Und natürlich war es mutig sich vom Vater der Kinder zu trennen. Und dafür zahle ich noch immer, wenn mich mal wieder das schlechte Gewissen überrollt, weil meine „armen Kinder“ eben Trennungskinder sind und nicht dieses „heile Welt Familienleben“ haben. Aber in Wahrheit ist das auch nur die Ausnahme, die wenigstens leben das ja wirklich.
Es ist aber eben auch immer wieder mutig Menschen, dir mir nicht gut tun, loszulassen, zurückzulassen. DAS erfordert wirklich Mut. Aber es ist so eine wichtige Aufgabe im Leben.

Manche fanden es mutig, als ich für eine Woche zu einem Schweigeretreat gefahren bin. Und ja, das verlangt einem schon einiges ab, wenn man so tagelang nur mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt ist, kein Handy hat, in das man sich hinein flüchten kann. Aber es bringt einen auch wirklich ein Stück zu sich selbst zurück. Vielleicht braucht das wirklich Mut. Ich würde es aber immer wieder machen.

Und in Wahrheit ist diese Reise jetzt ja auch so etwas wie ein Schweigeretreat. Denn ich bin ja da mit mir selbst, spreche die Sprache nicht und werde mit den Menschen dort nur das Nötigste zu reden haben. Glaube ich zumindest. Am Ende weiß man nie, wem man begegnet. Trollen. Elfen. Menschen.

Ob mutig oder nicht. Ich freue mich wie blöde.

Wann warst du das letzte Mal mutig?

Schreibe einen Kommentar