Tägliche Erleuchtung

Ich finde ja das Wort Erleuchtung irgendwie so ein bisschen… naja. Es klingt so extrem abgehoben. Ich bin erleuchtet. Einerseits scheint es das zu sein, was alle anstreben, aber wenn das jemand sagt, dann klingt das so, als würde er damit über allen anderen stehen.

Heute bin ich durch Zufall wieder auf ein Interview mit Eckhart Tolle gestoßen, der ja auch von sich behauptet erleuchtet zu sein. Witzigerweise verwenden sie im Englischen dafür ja auch das Wort Awakening und das triffts irgendwie viel eher. Denn wir wachen ja jeden Tag auf und so fühlt sich das für mich auch mit der Erleuchtung an. Klar, ich hab tausende Fragen noch in meinem Kopf und bin garantiert nicht rund um die Uhr dieses glücklich grinsende Honigkuchenpferd. Wobei ich nicht weiß, ob Erleuchtete das sind, aber es scheint jedenfalls oft so. Was ich eigentlich sagen will – ich hab das Gefühl, dass ich ständig ein Stück erleuchte. Und vielleicht ist das ja auch viel eher das Ziel. Eckhart Tolle selbst sagt ja auch, dass es zwar diesen Moment gab, in dem er plötzlich andere Fragen gestellt hat und andere Antworten gefunden und von da an war alles leichter und anders. Aber verstanden hat er das ganze erst Jahre später. Also gab es zwar den Moment, aber die Erleuchtung war auch nicht sofort da.

Ich denke wer sich wirklich mit Spiritualität auseinandersetzt, wer meditiert und auf seine innere Stimme hört, der Intuition vertraut, der kann jeden Tag ein Stück erleuchten. Das ist dann nicht immer das große grelle Pling. Viel mehr ist es manchmal so eine kleine Glühbirne, die plötzlich angeht, manchmal flackert es über Tage hinweg wie bei einer defekten Leuchtstoffröhre. Und dann gibt es Tage, da tappen wir mit einer Taschenlampe im Dunkeln und müssen befürchten, dass die Batterie gleich ausgeht. Aber wenn wir dran bleiben, dann geht immer wieder irgendwo ein Licht an und das finde ich unfassbar faszinierend.

Ich habe noch so viele Fragen und vermutlich werden wir immer viele Fragen haben. Es wäre ja total fad, wenn man irgendwann auf alles Antworten hätte. Einfach so. Aber so viele Fragen haben sich auch schon beantwortet und ich bin so oft fasziniert davon, weil die dann meist so einfach da ist. So als hätte sie schon wochenlang oder jahrelang da im Regal gestanden und drauf gewartet entdeckt zu werden. Das ist wie mit der Sonnenbrille, die ich tagelang gesucht habe und die dann natürlich völlig klar in meiner Manteltasche steckte, was ich ganz plötzlich wusste. Das macht das ganze Leben irgendwie noch bunter.

Manchmal erleuchte ich auch nachts. Dann gehe ich aufs Klo und denke mir „Hoffentlich vergesse ich den Gedanken nicht bis morgen früh.“ Aber Ihr könnt es Euch denken, morgens ist dann nur noch Nebel und Blurr und auch Kaffee kann da nix mehr rausholen. Naja. Es war dann vielleicht keine so wichtige Erleuchtung.

Und jetzt gehe ich schlafen und mache die Lichter aus. Und wer weiß, vielleicht geht über Nacht eines einfach wieder so an. Und wenn nicht, dann habe ich einfach gut geschlafen. Gute Nacht!

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