Wir stehen alle öfter vor kleinen oder großen Entscheidungen im Leben. Wo will ich leben? Wie will ich leben? Mit wem will ich leben? Was will ich tun? Welchen Job will ich ausüben? Das sind die großen Entscheidungen. Die, die wir alle früher oder später treffen müssen, die wir alle kennen.
Aber dann sind da noch die kleinen Entscheidungen. Was will ich heute essen? Gehe ich zum Sport oder nicht? Mit der U-Bahn oder zu Fuß? Kaffee oder Tee? Wein oder Bier? Fernseher oder Buch? Das liegt alles in unserer Hand und je schneller wir uns entscheiden, je klarer wir sind, umso leichter kann so ein Tag vorüber ziehen.
Aber wir wissen auch alle, dass das nicht alles ist. Da sind ja die bösen Einflüsse von außen. Die, die, wir nicht kontrollieren können. Und wir glauben, dass das nunmal so ist. Kann man nix machen. Muss man irgendwie hinnehmen oder verdrängen, vor sich herschieben oder müde hinterherschauen. Aber ich habe festgestellt, dass das nicht stimmt. Dass wir sehr wohl etwas tun können. Dass wir sehr wohl eine gewisse Kontrolle haben. Nicht über die Einflüsse, über das, was mit unserem Leben in jeder Minute passiert. Aber darüber, wie wir damit umgehen.
Wenn mir jemand die Tür vor der Nase zuschlägt, der Bus davon fährt, beim Bäcker meine Lieblingssemmel aus ist, dann kann ich mich irrsinnig ärgern und das den ganzen Tag mit mir herumtragen. Ich kann unfassbar traurig sein, weil ein Freund sich nicht mehr meldet oder eine Freundin für den Abend absagt. Und es ist auch gut, wenn ich das bin. Aber ich muss es nicht bleiben und warten, bis die Emotion ausgelebt und in all ihren Facetten durchgelebt ist. Ich kann mich entscheiden, ob ich diese Traurigkeit, die Wut, den Ärger oder auch Angst und Panik, weil mich etwas sorgt, so annehme und fühle, wie sie ist ohne an ein hätte, wäre oder könnte zu denken. Einfach im Hier und Jetzt diese Emotion annehmen und spüren, wo in mir drin sie sitzt. Und sie dann ziehen lassen.
Das klingt total furchtbar einfach und das ist es auch und gleichzeitig nicht. Weil wir das nicht gewohnt sind. Weil wir immer Erklärungen wollen. Alles ergründen und analysieren. Weil wir Schuldige suchen um unsere eigene Schuld zu verbergen. Dabei ist niemand Schuld. Wir alle treffen nur Entscheidungen, die uns zu Schuldigen machen.
Nein, es braucht natürlich Übung. Übung darin zu sitzen und zu spüren: Das macht mich unfassbar traurig. Diese Traurigkeit anzunehmen, aber dann zu entscheiden: Ich möchte dennoch einen guten Tag oder schönen Abend genießen. Übung darin zu erkennen, welche Emotion denn da gerade in mir weilt. Was ist das überhaupt? Unruhe? Nervosität? Wut? Panik? Die Palette ist breit und oft können wir gar nicht nur eine nennen, sondern eine ganze Box voller Emotionen scheint sich über uns auszuschütten. Es braucht aber auch Übung darin sich nicht mehr vor den Emotionen, die da auftauchen, zu fürchten.
Aber wenn uns das gelingt – und mit ein wenig oder ein wenig mehr Übung kann uns das sehr gut gelingen – dann haben wir plötzlich wieder alles in der Hand. Dann haben wir die Kontrolle zurück. Dann können wir entscheiden. Und ich finde das unfassbar machtvoll. Ich kann sagen: Heute bade ich ganz melancholisch angehaucht in dieser traurig-vermissenden Grundstimmung. Dann lege ich mir noch die entsprechende Musik auf und vielleicht suche ich noch einen Film, der alles noch so richtig aufweicht. Das ist okay, es ist meine Entscheidung. Ich kann aber auch entscheiden, dass ich heute und jetzt nicht diese Tür öffnen will, dass ich diese Stimmung, dieses Gefühl kenne und akzeptiere, aber mich davon nicht (ver)leiten lassen will.
Das ist unglaublich spannend und ermächtigend. Mit Hilfe der Meditation gelingt mir zum Beispiel die Vorarbeit – das Erkennen dessen, was jetzt gerade in mir ist – sehr gut und immer besser. Danach kann ich mich dann oft (nicht immer, nein um Himmels Willen nicht immer) gut entscheiden zu dem, was ich jetzt und hier empfinden möchte. Und es gelingt mir immer besser. Es tut gut, so unglaublich gut. Es macht mein Leben wieder etwas zauberhafter. Und eine ganze Tonne leichter.