An der Bushaltestelle tanzen
Wenn ich das Büro verlasse, bin ich oft in einer guten Stimmung. Dann setze ich mir meine Kopfhörer auf, drehe die Musik laut auf und freue mich darauf, die Kinder abzuholen. Oft stehe ich dann an der Bushaltestelle und mir ist nach Tanzen zumute. Aber ich traue mich nicht. Was denken die Leute dann?
Am Anfang der Lifetrust Coaching Ausbildung war eine Wochenaufgabe, dass wir aus unserer Komfortzone heraustreten sollen. Irgendetwas tun, was wir uns eigentlich nie trauen. Etwas wagen. In der Facebookgruppe ging es daraufhin zu. Alle posteten begeistert irgendwelche Videos. Manche ganz kurz und leise, vorsichtig sagend: „Ich habe mich noch nie gezeigt. Ich hab noch nie ein Video gepostet!“ Andere tanzten wild drauflos und stellten diese Videos ein. Ein Posting hat mich aber gepackt. Eine Frau erzählte, dass sie an der Bushaltestelle einfach angefangen hat zu tanzen. Zu der Musik in ihren Ohren. Wie schwierig es anfangs war, aber wie leicht es dann wurde.
Auf Instagram postete eine Frau neulich ein Video, wie sie auf einem Bahnsteig ihre Yogamatte ausgerollt hatte und Yoga machte. Sie hatte nämlich den Zug verpasst, mit dem sie auf ein Yogaretreat fahren wollte und musste nun auf den nächsten warten. Sprachlos sah ich mir das Video immer wieder an.
Was mir dabei eigentlich meistens durch den Kopf geht ist ein WOW. Die trauen sich das einfach. Und wenn ich sowas live sehen würde und nicht nur auf Instagram oder irgendwo im Netz, würde ich das noch toller finden und begeistert sein. Denn WARUM NICHT??? Warum sollten wir nicht drauflos tanzen, wenn uns danach ist? Egal wo. Warum nicht die Matte ausrollen an einem Bahnsteig, an dem sowieso niemand ist. Kinder tun solche Dinge. Sie singen, tanzen, lachen, weinen, turnen, hüpfen… Egal wo, egal wann. Natürlich gibt es Grenzen. Im Wartezimmer ist das vielleicht nicht so angebracht, wobei ich gar nicht so genau weiß, warum man dort immer nur flüstern soll. Auch hier dürfte man mal so alte Konventionen aufbrechen. Aber das ist ein anderes Thema.
Ich stand also gestern wieder an der Haltestelle. Noch dazu im Regen und ich hätte gern getanzt. Ich mag Regen und ich war gut drauf. Aber nein, ich habe mich wieder nicht getraut. Da ist eine Grenze in mir, die noch blockiert ist. Ich mache viele Faxen. Ich habe in letzter Zeit auch wirklich bekloppte und lustige Videos von mir im Internet gepostet. Aber irgendwie ist das etwas anderes, als es live zu tun. Vermutlich, weil man dann live mit den Reaktionen der anderen konfrontiert ist. Im Internet sieht man nur, wer es liked, aber nicht, wer es total doof und albern findet.
Und warum sind diese Reaktionen einem nicht total egal?
Ich habe es jedenfalls vor. Und vielmehr will ich tanzen, wenn ich gut drauf bin. Egal wo. Egal wann. Aber ich will es tun und dann werde ich Euch erzählen, wie es war. Heute aber fahre ich mit dem Fahrrad.
Was würdest du gern mal tun, traust dich aber nicht? Erzähl!
Hypnotisiert
Die Hypnoseausbildung habe ich abgeschlossen. Das Zertifikat dafür sitzt als pdf Datei in meinem Laptop. Ich könnte es ausdrucken und einrahmen, so wie das scheinbar alle tun, die etwas auf ihre Abschlüsse halten. Ich kann auch $30 zahlen und mir ein auf glänzendem Papier mit Prägung gedrucktes Zertifikat zuschicken lassen. Aber in meiner Wohnung hängen Kinderbilder und eine Praxis habe ich (noch) nicht.
Ich kann jetzt Menschen hypnotisieren und mit ihnen dabei auf die Reise gehen nach den Ursachen und Wurzeln ihrer Probleme. Probleme wie Schlaflosigkeit, Antriebslosigkeit, Unzufriedenheit, Prokrastination, Nackenverspannungen, Tinnitus, Gewichtisprobleme oder das Gefühl des Gefangenseins im eigenen Leben und uendlich viele mehr können das sein. Aber auch vom Rauchen kann ich sie dadurch entwöhnen, oder vom Alkohol. Eine ganze Reihe an Problemen und Sorgen können wir unter Hypnose betrachten und beleuchten und danach – hoffentlich nachhaltig – auflösen. Sicher ist das nie, es hängt von der Klientin hab oder vom Klienten, von der Tiefe der Probleme und ob nicht doch therapeutische Arbeit zusätzlich notwendig ist. Es hängt alles wie immer auch ein bisschen vom Mond ab und vom Wetter (das war ein Witz). Nicht zuletzt von der Bereitschaft wirkliche Veränderung erzielen zu wollen.
Es ist eine schöne Arbeit, eine wertvolle. Eine erfüllende.
Nur ist es absurd, dass ich Menschen dafür in Hypnose versetze. Eigentlich glaube ich nämlich, dass wir Menschen aus unserer Hypnose herausgeholt werden müssen. Unser ganzes Leben ist eine einzige Hypnose. Wir sind ständig und meist unbewusst angetrieben von etwas viel Größerem. Unserem Unterbewusstsein. Den Vergleich mit dem Eisberg kennen wir vermutlich alle. Der Teil des Eisbergs, den wir sehen, ist nur ein winziger. Ungefähr 5%, eventuell sogar weniger. Das, was wir nicht sehen, liegt unter der Wasseroberfläche. Das sind 95% oder eben ein bisschen mehr. Das ist unser Unterbewusstsein. So viel Macht hat es über uns. Das ist es wirklich, was uns antreibt Tag für Tag.
Und während wir alle der Meinung sind, wir hätten die Wahl, wir könnten frei entscheiden, so ist es viel häufiger eine innere Kraft, die uns leitet. Wenn Du zum Handy greifst, ist das selten deine freie Entscheidung. Das ist ein Automatismus, hinter dem sich eine Sucht versteckt. Die wenigsten wollen das wahr haben. Wenn du im Supermarkt einkaufst, dann greifst du zu den Dingen, die du kennst und magst. Es kostet Kraft nur das zu kaufen, was uns eigentlich gut tut und alles im Regal liegenzulassen, was uns anlächelt. Vor allem das, was rote Sticker auf der Verpackung kleben hat oder hübsch eingewickelt ist. Du hast nicht gewusst, dass du die Schuhe brauchst, bevor sie dir auf Facebook in deinen Feed gespült wurden. Jetzt kannst du an nichts anderes mehr denken. Du greifst zum Glas Wein oder Bier am Abend, weil es dich beruhigt oder entspannt. In Wahrheit drückt es dich noch tiefer in die Hypnose, lässt deine Willenskraft noch mehr sinken und stoppt deinen ewig kreisenden Geist. Wie angenehm. Du reagierst auf Aussagen, Nachrichten oder Tweets mit Emotionen und glaubst, sie seien die wahre Realität. In Wirklichkeit sind sie deine Realität und beruhen auf der Hypnose, in der du dich rund um die Uhr befindest. In der du dir Märchen erzählst, die du für wahr hältst. Du erzählst dir, dass du zufriedener sein wirst, wenn du mehr Geld hast und gleichzeitig kaufst du dir Dinge, die du überhaupt nicht brauchst, um erfüllt und glücklich zu sein. Du siehst nicht, dass du im vollen Reichtum lebst, weil du nur auf den Mangel schaust, den deine Hypnose dir aufzeigst. Du glaubst nicht genug Zeit für dich selbst zu haben und greifst in jeder freien Minute zum Handy. Weil der Eisberg stark ist. Weil die Kraft dahinter gewaltig ist.
Du willst, dass deine Kinder glücklich sind, werden und bleiben in ihrem Leben. Dass sie ein erfülltes Leben haben und womöglich erfolgreich. Aber bist du das alles? Lebst du ihnen das vor oder ziehst du sie durch deine Hypnose mit durch? Bis sie sich frei kämpfen und ihre eigene entdecken?
Vielleicht geht es nicht darum, dass ich dich in Hypnose versetze, um dich ein Stück zu retten. In Wahrheit geht es darum, dass du die Hypnose verlässt. Dass du loslässt und dich frei machst von den Geschichten, die du dir rund um die Uhr erzählst. Dass andere Schuld sind, an deinen schlechten Erfahrungen. Dass du etwas nicht schaffen kannst, weil du keine Zeit, kein Geld, keine entsprechenden Fähigkeiten hast. Dass du nicht gut genug bist, so wie du bist. Dass du nicht so cool bist wie die anderen, weil jemand dein Foto auf Facebook nicht liked.
Wir sind eine völlig hypnotisierte Gesellschaft. Darauf basieren sämtliche Verkaufsstrategien da draußen. Politik und Medien, sie alle hypnotisieren uns auf ihre Art. Wir alle leben von früh bist spät in einer Art Hypnose. Jede und jeder auf ihre und seine Art. Aber es gibt Möglichkeiten, diese zu verlassen. Wir können uns selbst befreien. Wir können aus dem kalten Wasser auftauchen und auf den Gipfel des Eisberges klettern. Und nein, wir müssen dafür nicht im Lotussitz jahrelang in der Einöde meditieren (wobei das helfen könnte). Wir müssen auch kein Mönch werden oder uns dem Leben abwenden. Wir dürfen uns einfach nur bewusst machen, dass wir diese Wahl haben in jedem Moment. Zu fragen: wer treibt mich grad an hier? Will ich das wirklich? Ist das wirklich wahr, was ich mir da gerade einrede? Ist das meine Realität, oder deine?
Ich weiß, dass das einfacher klingt, es als ist. Aber es ist der Weg, den wir gehen dürfen und können. Der uns langsam aus der Unterwelt auftauchen und uns sehen lässt. Und ich kann dir sagen: Da oben ist es strahlend schön. Ein Leuchten und viel Wärme ist dort. Du wirst es lieben dort. Und dich selbst auch.
Wenn du den Weg nicht findest dort hin, dann helfe ich dir gern. Mit Hypnose oder ohne. In meinen Coachings schauen wir genau, wo du dich verlaufen hast, in welcher Hypnose du feststeckst und was die beste Strategie ist, dort hinauszufinden. Ich freue mich auf dich!
Zwölf Jahre pures Leben
Heute vor zwölf Jahren saß ich im Haus der Musik in dem Raum, in dem man hören konnte, was ein Kind im Mutterleib hört. Es war ein eigenartiges Gefühl meine dicke Kugel zu steicheln, darin ein Baby zu wissen, das seit 9 Monaten (naja, fast) hört, was ich da gerade hörte. Nachts um 1.23Uhr (was für eine schöne Uhrzeit) hielt ich dieses Baby dann im Arm und es war völlig surreal.
Ein Hoch auf die Hormone! Hatte ich eben noch das Krankenhaus zusammengebrüllt aus Angst, mir würde es den Unterleib zerreissen, so hielt ich nun breit grinsend ein Baby im Arm, das zweifellos das schönste und süßeste Ding war, was ich je gesehen hatte. Und das sollte nun meins sein, das sollte nun ein Kleinkind, ein Schulkind, ein Teenager, ein erwachsener Mensch werden. Verrückt!
Ich bin unfassbar dankbar für diese Erfahrung. Das Mutterwerden, das Muttersein. Zwölf lange Jahre ist das nun her. Es fühlt sich an, als wärst du schon immer ein Teil von mir und gleichzeitig, als wäre das gestern gewesen, denn ich kann noch jeden Moment so sehr fühlen. Mein Leben unterteilt sich immer wieder in früher – bevor ich Kinder hatte – und jetzt. Diese magische Grenze zwischen alt und neu, zwischen damals und heute. Ein ewig langes Jetzt.
Es hat viel von mir gefordert, dieses Muttersein und das tut es noch immer. Heute erst wieder wache ich auf nach einer fast schlaflosen Nacht. Weil ich nicht weiß, was ich zuerst machen soll heute neben der Arbeit, wann ich dich zum Fußball bringe, abhole und was ich zwischendurch mit den anderen Kindern machen soll. Wann backe ich den Kuchen, was muss ich noch schnell besorgen, damit morgen früh, so wie immer, ein zauberhafter Geburtstagstisch fertig ist.
Die Liebe zu meinen Kindern ist das stärkste, was ich je empfunden habe. Sie ist bedingungslos, voll total echt und unbezwingbar. Sie wird nie ausgehen, und das ist wunderschön. Sie ist dennoch zart und sanft und ich möchte sie achten und halten. Nicht zu fest und nicht so locker. Gerade so, dass sie sich darin frei bewegen und entfalten können. Eine ewige Gratwanderung an Festhalten und Loslassen.
Das erste Kind ist trotz aller Liebe zu den anderen Kindern immer noch besonders. Es ist das erste in allem. Mit ihm ist jede Entdeckung eine neue, die bei den anderen schon ein „Achja, das…“ ist. Auch wenn es anders ist bei jedem Kind, so ist bei Dir, mein Großer, alles besonders neu. Das ist nicht immer leicht, weder für dich noch für mich. Aber immer wieder spannend und neu, niemals fad. Und Du, mein Großer, bist sowieso besonders. Denn in dir steckt nicht nur viel von mir, sondern auch viel von meinem Bruder, der sich scheinbar in Dir ein wenig ausgebreitet hat. Du wirst ihm immer ähnlicher, das ist schmerzhaft und wunderschön zugleich. Und dennoch bist du doch ein ganz eigenes Wesen und so wie du bist rundum perfekt. Lass dir bloß nie etwas anderes einreden!
Die zwölf Jahre Muttersein haben mich sehr geprägt und wachsen lassen. Sie haben mich zwischendurch zu Boden geworfen und gefordert wie kaum etwas anderes in meinem Leben. Sie haben mir meine Grenzen deutlich aufgezeigt und mich dazu aufgefordert diese jetzt neu zu zeichnen und zu wahren. Sie haben mich wachsen lassen auf ganz besondere Weise, so wie ich es vorher nicht kannte. Ich bin sanfter geworden, zu mir und zum Leben. Ich bin stärker geworden und habe einen Mut entdeckt, den ich vorher nicht kannte. Ich bin wütender geworden mit jedem Wutausbruch meiner Kinder. Und mit jeder Ungerechtigkeit, die ihnen widerfährt. Ich bin wütend geworden auf die Welt und die Gesellschaft, die uns Mütter klein macht und kaputt. Die alte Muster predigt und die Kleinfamilie heiligt. Ich bin wütend auf ein Bildungssystem, das veraltet ist und rostig. Aber all die Wut entfacht Feuer in mir. Und viel dieser Wut ist belebend. Ich spüre mich wie sonst nie zuvor. Ich lebe. Für mich und meine Kinder. Das ist mein Universum im Moment. Hier umkreisen sich meine zwei Welten wie Planeten im Weltraum. Immer wieder krachen sie aufeinander, es knallt und dann wird für einen Moment wieder alles ganz still.
Ich liebe meine Kinder. Ich liebe mein Leben mit ihnen. Der Kuchen ist fertig. Morgen feiern wir den Großen. Und ich feiere mich. Für diese zwölf Jahre und alle, die noch kommen. Danke Universum, für dieses pure Glück!
Meine magischen Freundinnen
Mein Leben lang habe ich damit gehadert, dass ich nicht wirklich viele gute Freunde habe. Ich hab mich oft mit meinen Gedanken und Problemen allein gefühlt. Mich nach Menschen gesehnt, mit denen ich mich austauschen kann, die mich verstehen, an die ich mich wenden kann, wenn ich Hilfe brauche. Es ist nicht so, dass ich keine Freunde gehabt hätte, aber die wirklich tiefen Freundschaften, waren alle sehr alte und weit weg. Aber hier, in meinem Leben jetzt, da schien es niemanden so recht zu geben.
Wenn ich zurück blicke, stimmt das nur teilweise. Es gab schon immer wieder Menschen, die mir nahe standen, aber ich habe sie nicht an mich herangelassen. Oder mich nicht an sie herangetraut. Eine Mischung aus beidem vermutlich. Und wenn ich da hinspüre, dann weiß ich auch mittlerweile, was das eigentliche Problem war: Ich habe mich in mir selbst nicht wohl gefühlt, habe mich nicht wertvoll genug gefühlt für die Freundschaft mit anderen. Ich habe mich vorschnell von Menschen distanziert und diese Menschen damit von mir fern gehalten. „Du hast immer so distanziert gewirkt, als wolltest du mit niemandem etwas zu tun haben wollen“, sagte mir mal eine Frau, die ich eigentlich gern näher kennengelernt hätte, es aber genau aus diesem Grund nicht geschafft habe. Und ich glaube, das beschreibt mich in der längsten Phase meines Lebens sehr gut. Ich war immer diejenige am Rand, mich musste man immer ansprechen, ich bin selten auf Fremde zugegangen. „Ich kann kein Smalltalk.“ war meine Ausrede. Außerdem fand ich Smalltalk doof und somit waren neue Begegnung gleich mal blockiert.
Heute habe ich einen Auszug aus einem Talk von Brené Brown gesehen und sie sagte: „I don’t think there is anything more important, in terms of changing my mind, than this: Our connection with other people is only as solid as our connection with ourselves.“ BÄMM. Das schöne daran war aber, dass ich erkannt habe, dass sich das für mich in den letzten Monaten extrem gewandelt hat.
Denn mir ist schon aufgefallen, dass ich ganz anders auf Menschen zugehe, mit Menschen ganz anders agiere. Ich bin offener geworden. Ich rede anders mit ihnen, ich höre ihnen zu, ich versuche ihre Realität zu sehen, ohne ihnen meine überzustülpen. Und ich erlebe Begegnungen und zwischenmenschliche Beziehungen anders. Sie sind wertvoller für mich geworden. Ich erlebe mich als wertvoller und nehme die anderen als wertvoller wahr. Und all das ist glaube ich passiert, weil ich mich selbst mehr schätze, akzeptiere, liebe. Ich glaube nicht nur, ich weiß es. Und das fühlt sich unfassbar gut an.
Wie oft habe ich mit mir gehadert. Wie sollten dann die anderen Menschen einen Zugang zu mir finden? Wie sollten sie mir vermitteln, dass ich ihnen wichtig bin, ihnen etwas bedeute, wenn ich es mir selbst nicht geglaubt habe? Heute kann ich viel besser sehen, dass wir füreinander wertvoll sind.
Es könnte mir jetzt weh tun, dass ich mir so viele mögliche Freundschaften all die Jahre selbst verbaut habe, dass ich mir selbst im Weg stand. Aber ich kann auch einfach sehen, dass ich da jetzt etwas großartiges gelernt und erfahren habe. Und dass ich jetzt die Möglichkeit habe noch so viele tolle Freund:innen zu entdecken für mich. Neben all denen, die ich längst schon habe.
Wenn ich nun manchmal an meinen kinderfreien Wochenenden hier sitze und überlege, ob ich lieber jemanden treffen möchte, muss ich mir das gut einteilen. Welche Freundin frage ich, wen treffe ich wann und wo? Denn ich habe auf einmal das Gefühl, sehr viele Freundinnen zu haben. Da sind sehr viele wertvolle Menschen in meinem Leben, mit denen ich unterschiedlichste Dinge besprechen kann und die, davon bin ich überzeugt, für mich da sind, wenn ich sie brauche. Nur will ich ja auch sehr oft sehr gern allein sein. Nicht, weil ich mich nicht für freundschaftstauglich halte, sondern weil ich auch wirklich sehr sehr gern mit mir selbst bin und die Dinge tue, zu denen ich sonst nicht komme. Ich bin darüber sehr glücklich, es fühlt sich ausgewogen an. Ich fühle mich in mir ausgewogen an. Das ist ein Gefühl, dass ich jahrelang gesucht habe. Und ich bin endlos dankbar dafür.
In dem Buch „Loveless“ schreibt Alice Oseman: „Give your friendships the magic you would give a romance. Because they’re just as important.“ Und ich liebe das sehr sehr sehr. Und deshalb behandle ich meine magischen Freundschaften jetzt ganz besonders.
The Happy Game
Derzeit lese ich mal wieder so ein Spiri Buch. Ich gehe gar nicht weiter ins Detail, aber darin gibt es eine Übung, die mich dieser Tage sehr überrascht hat.
Es geht dabei darum, das eigene Level an Happiness zu messen. Ich muss dazu sagen, dass ich ja mit dem Wort Happiness oder dem Begriff „glücklich“ so meine Probleme habe. Klar, wir wollen alle glücklich sein, aber letztendlich heißt das ja für jeden etwas anderes. Also musste ich mir erstmal klar werden, was das für mich heißt, glücklich zu sein. Auch jetzt fällt es mir schwer dieses Wort auszuschreiben. Glücklich sein, das klingt so nach grinsendem Honigkuchenpferd. Aber in Wahrheit bedeutet es für mich eins mit mir selbst zu sein. Mich selbst zu mögen, so wie ich bin, zufrieden zu sein mit dem, was ich tue. Einen positiven Blick auf mein Leben und die Dinge zu haben. Perspektiven zu haben und gut bei mir selbst zu sein. Es fühlt sich leicht an und frei. Ja, das ist Glücklichsein für mich.
Nick Breau schreibt in seinem Buch, dass man mehrmals täglich sein Happiness Level checken soll, ganz einfach auf einer Skala von 1-10. Wobei 1 hier eher am Boden ist und 10 as happy as can be. Ich habe das für mich nochmal so angepasst, dass 10 eine Alltagshappiness ist, die sehr wohl auch zu übertreffen ist. Also wenn außergewöhnliche Dinge passieren, die einfach nicht im Alltag so häufig vorkommen, aber auf die ich hinarbeite zum Beispiel. Aber wonach ich mich ja viel mehr sehne, ist es, auch im Alltag Freude und Glück zu empfinden in einem Ausmaß, das wohltuend, angenehm und leicht ist. Auch wenn meine Träume und Ziele größer sind und nicht so leicht zu erreichen. Also ist die 10 für mich das „As happy as can be in daily life“ Dings.
Und so habe ich die letzten Tage mehrmals täglich in mich reingespürt und mich gefragt – wie geht es mir gerade? Ist ja keine so neue Praxis, sollten wir ja sowieso öfter machen, hilft uns, uns selbst zu verstehen und zu kennen. Was aber hierbei noch spannend ist, ist der Vergleich. Wenn heute früh mein Happinesslevel auf 7 war und es nachmittags auf 5 ist, was ist dann der Grund für dafür? Was hat also Einfluss auf mein Glücksempfinden im Alltag? Sowohl nach oben als auch nach unten. Wo bohre ich nach und frage mich: Wie kommt es, dass mich das so negativ beeinflusst und wie kann ich das verändern, gleichzeitig aber auch: Was erhöht mein Level an Glück und wie kann ich das öfter herbeirufen und verstärken?
Im ersten Moment war ich überhaupt sehr überrascht, dass ich zufrieden sagen konnt, dass ich auf einer 6-7 stehe. Wo ich doch so oft so unzufrieden war, vor allem letzte Woche war ich in einer alten Schleife gefangen. Aber scheinbar hatte ich die gelöst – vorübergehend. Und immer wieder checkte ich ein, kam sogar teilweise auf eine klare 8, tanzte durch die Küche und war gutgelaunt. Tanzen hält und erhöht eindeutig mein Level an Happiness. Vor allem Musik hat für mich einen starken Einfluss. Aber natürlich auch alltägliche Begegnungen und Arbeit, der pure Alltag, die Stimmungen der Kinder haben starken Einfluss. Die Frage ist eben nur – wie gehe ich damit um? Lasse ich zu, dass all diese Dinge mich einfach so umwerfen, umhauen, mir die Freude und die gute Stimmung rauben? Oder finde ich Wege da raus?
Das ist jetzt die Aufgabe. Im April spiele ich das Happy Game. Jeden Tag beobachte ich mein Level an Glücksempfinden und notiere es mir. Das tue ich vor allem auch, um zu beobachten, wie stark mein Zyklus einen Einfluss darauf hat, denn das habe ich bisher noch viel zu sehr unterschätzt.
Ein spannendes Spiel. Mit spannenden Erkenntnissen. Eben noch war ich sehr müde und erschöpft und frustriert darüber, heute noch zu wenig Zeit für mich selbst gehabt zu haben. Also habe ich mich besonnen, überlegt, was mir gut tut und habe mich ins Schlafzimmer zurückverzogen. Dort habe ich ein kleines Neumondrituatl gemacht, inspiriert durch meine lieben Team Buddies aus der Life Trust Coaching Ausbildung. Dann habe ich dort für mich getanzt und jetzt ist mein Level wieder auf einer müden 7. Einer guten 7, die sich rund anfühlt.
Also her mit dir, du April! Zeig was du kannst!
Endlich werden sie groß
Vorgestern fuhr ich mit dem Sohn zum Fußballtraining. Großes Chaos, weil wir erst am falschen Fußballplatz waren, dann durch den Feierabendverkehr zu spät natürlich dran zum anderen rasen mussten. Wo das Training aber ausfiel. Wir fuhren dann heim und unterwegs, weil das Wetter so schön war und wir durch den grünen Prater radelten, musste ich immer wieder auf kleine Kinder mit ihren Rollern und Laufrädern aufpassen, weil die ja schnell mal kreuz und quer schießen.
„Ich bin so froh, dass Ihr nicht mehr so klein seid“, sagte ich da dem Sohn. Und ich meinte es aus vollem Herzen.
Manchmal sehe ich kleine Babies und denke: Wie niedlich. Und oh wie zauberhaft war die Zeit damals. Jeder Neuanfang war besonders. Aber ich bin so unfassbar froh, dass meine Kinder nun ein Alter erreicht haben, in dem ich normal mit ihnen reden kann, ihnen Dinge erklären kann, Ironie und Sarkasmus laut lachend wertgeschätzt wird und ich nicht mehr jeden Meter hinter ihnen herlaufen muss.
Heute früh musste ich im Kindergarten angeben, ob der Jüngste in den Sommerferien kommen wird. Ich strich alle 9 Wochen für ihn durch und stellte fest: Drei Monate noch, dann ist die Ära Kindergarten für uns abgeschlossen. Keine Laternenfeste mehr. Keine stickige Garderobe mit lauten Kindern. Kein Kleinkindergebrüll am Morgen, weil irgendein Kind nicht dableiben will. Nicht, dass ich glaube, dass die Schule die bessere Bildungseinrichtung wäre, aber ich bin froh, dass alle dann irgendwie auf einem ähnlichen Level sind. Dass sie immer weniger intensiv von mir brauchen. Natürlich brauchen sie mich immer und immer wieder anders und das mag ich auch und ich bin gern für sie da. Aber diese Kinderdinge, auf die habe ich ehrlich gesagt keine Lust mehr. Anschaukeln am Spielplatz, tropfende Eistüten halten, Holen und Bringen, Freundebesuche für sie ausmachen. All das hört immer mehr auf und geht mehr und mehr in ihre eigene Selbständigkeit über.
Und ich spüre mehr und mehr, was mich als Mutter wirklich ausmacht. Ich bin gern für sie da. Emotional. Als Stütze und als Kuscheltier. Ich versorge uns gut und hin und wieder unternehmen wir schöne Dinge. Ich gebe ihnen Ratschläge und helfe bei ihren Hausaufgaben. Ich zocke mit ihnen Fifa, dass mir die Finger weh tun von den vielen Knöpfen auf den Controllern. Ich träume mit ihnen ihre und meine Träume aus. Und dann nehme ich mir meine Freiräume und setze mich in die Ecke und lese, male oder ziehe mich ins Schlafzimmer zurück für Yoga oder Meditation. Manchmal tanze ich wild durch die Küche, manchmal tanzen wir alle. Wenn einer laut pupst lachen wir und wenn ich schlechte Laune habe, sage ich: „Verdammt nochmal hab ich heute eine Kacklaune.“
Aber keiner brüllt mir mehr in die Ohren. Keiner kreischt mehr, weil etwas nicht geht. Keiner windet sich am Boden, weil er etwas nicht bekommt. Keiner könnte mehr irgendwo drüber- oder runterfallen, wo andere nur stolpern. Keiner will mehr kilometerweit getragen werden. Sie alle gehen allein aufs Klo und putzen sich Hände, Nase oder Zähne selbständig. Als ich Corona hatte sind alle drei gemeinsam einkaufen gegangen.
Ich habe meine Kinder lieb und ich hatte sie immer lieb. Aber ich bin so froh, dass sie jetzt größer sind.