Eigentlich ist das Leben ganz einfach

Das waren meine Gedanken, als ich am Pfingstmontag im Zug zurück nach Wien saß. Drei volle Tage Trieste lagen hinter mir. Gemeinsam mit einem Mann, den ich gerade mal zwei Monate kenne.

Ich hatte drei Tage lang den Laptop nicht aufgeklappt. Ich hatte drei Tage lang keinen Plan davon, was wir als nächstes Tun würden. Drei Tage lang habe ich mich nicht durch Instagram gescrollt. Drei Tage sind wir nur von Moment zu Moment gewandert. Wenn wir uns eine Art Plan gemacht hatten, konnte es sein, dass wir diesen unterwegs verwarfen. Es ging immer nur darum: Was wollen wir jetzt? Und genau so war es perfekt. Alles.

Dieses „Was wollen wir jetzt?“ oder „Was will ich jetzt?“ ist im Grunde die Frage, die wir uns immer wieder stellen sollten. Die Betonung dabei ein bisschen mehr auf dem Ich als auf dem wollen oder jetzt. Denn es geht doch immer nur darum, was ich jetzt wirklich will und nicht darum, was andere jetzt tun würden, was andere von mir jetzt (nicht) erwarten, was vielleicht gesellschaftlich angebracht wäre oder was man halt so tut, wenn man irgendwo ist. Nein, wenn ich morgens aufstehe, geht es nicht darum, was die buddhistischen Mönche oder die kinderlose Influencerin auf Instagram mir raten zu tun. Wenn ich da meinen Kaffee will und Musik dazu, dann ist das genau richtig. Wenn ich in Stille meditieren will, ist das auch gut.

Klar gibt es Momente, da geht es nicht um mich. Im Job. Mit den Kindern. Wenn die Hunger haben, muss ich mich kümmern. Wenn mein Chef etwas von mir erledigt braucht, dann ist das meine Aufgabe für den Moment. Oder auch für ein paar Monate, je nachdem was es ist. Aber dazwischen stressen wir uns oft so unglaublich. Wir wollen mehr von allem. Mehr Geld. Mehr Zeit. Mehr Urlaub. Mehr Wochenende. Mehr Aufregung und Abenteuer. Nein, ich weiß schon, viele wollen in Wahrheit auch mehr Ruhe. Aber in dieser sogenannten Ruhe, sind sie dann unruhig, scrollen sich durch die Medien oder Netflix und sind am Ende noch müder und frustrierter als zuvor. Ich nehme mich da ja gar nicht aus. Wobei ich mehr und mehr lerne, ohne all dem auszukommen.

Was wir selten tun ist es uns umzusehen und zu erkennen, dass wir ja oft alles haben. Es geht uns gut, wir haben genug zu Essen, unsere Kinder gehen zur Schule oder in den Kindergarten, wir machen Urlaub und wenn die Schuhe zu klein sind, gibt es neue. Nicht selten die guten Biotreter, man will ja nur das Beste fürs Kind. Das ist keine Bewertung, es ist Feststellung. Denn ich stelle immer öfter fest, dass vor allem die Menschen, die viel von allem haben meist so gar nicht zufrieden sind. Die schimpfen am meisten und am lautesten. Und dann erkenne ich: Ich muss erstmal hier im Jetzt zufrieden und glücklich sein, denn wenn ich das nicht bin, wird mir auch nicht mehr Geld oder mehr was auch immer mehr Glück bringen.

Und ja, ich wünsche mir mehr Geld. Einfach weil ich gern mehr zurücklegen möchte, weil die Kinder ja größer werden, mehr brauchen und nach der Schule Unterstützung brauchen in Ausmaßen, die das heutige Taschengeld weit überschreiten. Ich möchte mit ihnen Urlaube mache und Zeit verbringen, ohne dabei immer aufs Geld achten zu müssen. Ich will nicht die Augen verdrehen, wenn wieder eines neue Schuhe, größere Hosen oder einen neuen Schulrucksack braucht. Ich will es leicht haben. Aber ich stresse mich nicht damit. Und ich weiß, dass ich jetzt im Moment hier, genau da, wo ich bin, alles habe. Und noch dazu ein sehr schönes Leben. Das war nicht immer so. Ich hatte auch harte Zeiten. Ich hatte Panikattacken, weil ich manchmal nicht wusste, wie es weitergehen soll. Das ist vorbei und dafür bin ich dankbar.

Das Leben ist einfach, wenn wir sehen, was wir wirklich brauchen, und dass das eigentlich gar nicht viel ist. Dass wir oft nach Dingen streben, die uns nicht nachhaltig glücklich machen. Vielleicht einen Moment oder drei, aber länger nicht.

Abends in Trieste am Meer sitzen, in die Sterne schauen und den Moment genießen. Jetzt sitze ich wieder in Wien, allein, denn der Liebste ist noch unten. Meine drei Kinder in ihren Betten. Im Kühlschrank genug Essen, um nicht zu verhungern. Tausende Hobbies, Ideen und Fantasien im Kopf. Im Park singen die Kröten. Im Hinterkopf ein paar Sorgen, deren Lösung sich heute nicht mehr finden wird. Ich verschiebe sie auf die nächsten Tage und vertraue. Jetzt noch ein Buch, das mich gefangen hat. Und morgen früh wieder ein guter Kaffee. Es ist alles da. Es ist alles genug.

Ich muss mich auch immer wieder daran erinnern, dass das Leben eine Abfolge von einfachen Entscheidungen ist. Aber ich erkenne immer wieder, wie befreiend das ist.

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