Zauberhafte Schatten

Es hat gedauert oder zumindest war meine Geduld am Ende. Doch nun hält er Einzug, der Frühling. Und ich bin erleichtert und dankbar. Ich bin keine Sonnenfanatikerin, ich mag den Regen gern und sehe in der winterlichen Jahreszeit durchaus Gemütlichkeit und Stille. Aber wenn die ersten Sonnenstrahlen das Gemüt erwärmen, wenn kleine zarte bunte Köpfe aus dem Boden schauen und die Vögel fröhlich rufen, dann wird auch mein Herz ganz warm.

Unsere Wohnung ist obendrein etwas dunkel gelegen, auf Norden ausgerichtet. Da gibt es im winterlichen, sonnenlosen Wien wenig Tageslicht und vielleicht ist es auch das, was sich so sehr auf mein Gemüt drückt. Doch gestern, da sah ich Hoffnung. Licht und Hoffnung. Denn da war die Sonne so weit und so lange wach, dass sie ins Wohnzimmer hinein schaute. Und nicht nur das – sie zeigte zarte Schatten. Und die Schatten sind es ja, die ich an der Sonne noch so besonders zauberhaft finde. Nicht nur, weil sie im Sommer Schutz vor der brechenden Hitze bieten, sondern vor allem, weil sie oft so wunderbare Bilder zeichnen.

Im Leben ist das ja ähnlich. Da war mir heute sehr winterlich traurig zumute. Doch ich musste. Um es mit den Worten von Mariana Leky aus dem Buch Die Herrenausstatterin * zu beschreiben: “Bloss nicht sitzenbleiben!” Ich wusste, dass ich aktiv sein musste. Der Alltag ruft, es fiel mir schwer, aber ich wusste, dass ich nicht sitzen durfte. Dass ich etwas tun musste, um ins Tun zu kommen. Also tat ich. Ich kochte für ein paar Nachbarinnen, weil ich mich für heute zum Kochen eingetragen hatte. Ich holte danach die Kinder ab, weil ich das machen muss. Es sind ja meine. Und dann ging ich mit ihnen auf den Spielplatz, weil da die Sonne saß und mir ins Gesicht schien. Und ich erledigte eine lang aufgeschobene Aufgabe, weil ich die schon zu lange aufgeschoben hatte. Und es half. Es half alles. Es half besonders all das Traurige, das Schwere leichter zu sehen und als ein Teil des Ganzen. Und es half mir die Möglichkeiten zu sehen daran zu arbeiten und damit umzugehen. Und es half mir zu sehen, dass das Leben ja nicht nur bunt und leicht, sondern auch mal dunkel und schwer ist. Und sein darf. Auch wenn das nicht heißt, dass morgen alles wieder rosarot ist. Das sicher nicht, das geht auch nicht.

Aber um all diese Schatten eben auch als wertvoll zu sehen, braucht es die Sonne. In uns wie auch da draußen. Und deshalb sage ich, was ich eigentlich – geschädigt vom elenden britischen Wettergerede – ungern sage: Hurra, der Frühling kommt!

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