Tag 7 – Die Angst

Die Angst steckt im Schild unten am Eingang. Das bunte Logo, das Farbe in die weiße Hölle bringen soll. Die Angst hockt hinter der Eingangstür, in dem Geruch, der einem entgegenkracht, wenn man die Praxis betritt. Die lukt höhnisch lachend hinter der Dame mit dem strahlend weißen Lächeln an der Rezeption hervor. Die mich ins Wartezimmer schickt, wo die Angst auf gemütlich anmutenden Sofas hockt und einlädt zu entspannen. Aber die Angst entspannt nicht, sie spannt alles an, was anzuspannen geht. Auch den linken kleinen Zeh. Den besonders.

Die Angst ruft den eigenen Namen und hängt mir eine Bleischürze um die Schultern. Dann schiebt sie mir ein Röntgengerät in den Monat, das sich dann um mich herum bewegt und mich auslacht.

Die Angst sitzt breit und groß auf dem Untersuchungsstuhl im Sprechzimmer. Sie leuchtet mir mit grellem Schein ins Gesicht. Sie winkt mit Bohrern, Spiegeln und Sauggeräten und ruft fröhlich: Jetzt geht’s los! Und dann geht es los.

Und da hockt sie dann, die Angst. Auf dem Sessel neben mir und schaut zu. Sie wird kleiner, denn ich atme ruhig. Ich weiß, dass ich jetzt nicht mehr vor und nicht zurück kann. Nur noch hier sein in diesem Moment, den aushalten und durchstehen. Und das gibt mir Kraft, so wie alles, was unveränderbar ist. Ich schlucke und atme. Ich kneife die Augen zusammen und drücke meine rechte Hand in meine linke. Ich spüre meine Blase, aber die muss jetzt warten. Ich denke an schönes. An die Donau. An den Tag, als ich ins Wasser gegangen bin. An die Stille im Wasser. Das gibt mir kraft und die Angst ruft noch einmal verzweifelt: “Hilfe! Jetzt bleib doch und hab Angst!” Aber wenn ich keine Angst mehr habe, dann kann sie nicht mehr da sein. Dann muss sie weg. Dann verschwindet sie und löst sich auf.

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