Die Entdeckung der Radmeditation

Früher ging es mir beim Radfahren mehr um Geschwindigkeit und Ziel. Es tat gut wenn es am Abend in den Beinen weh tat. Ein Auge immer wieder auf dem Radcomputer und der angezeigten Geschwindigkeit. Der Liepste fuhr schon immer etwas langsamer als ich. So zog ich davon, lächelte innerlich und wartete hier und da auf ihn. Er erzählte mir dann, was er alles gesehen hatte unterwegs. Nichts davon war mir aufgefallen.

Auf der Radtour am Pfingstwochenende waren wir zum ersten Mal mit Rad und Zelt mit den Kindern unterwegs. Geschwindigkeit war hier kein Thema. Ich blieb lieber hinten, als davonzurasen. Wozu auch, ich müsste ja ewig warten, bis sie mich einholen würden. Und außerdem hatte ich mir keinen Plan zur Strecke gemacht, ich wusste also gar nicht wo ich langfahren musste. Und während ich so dahin radelte, dank ebener Strecke eine gleiche Geschwindigkeit hielt, die Beine einfach so dahin traten im stoischen Rhythmus ohne dass es Anstrengung brauchte, da fühlte ich mich rundum zufrieden und innerlich ganz ruhig. Das Ziel würde kommen, so oder so.

Und in dem Moment spürte ich, was ich vor kurzem auch in der Gehmeditation endlich erfahren hatte. Diese innere Ruhe im rhythmischen Tun. Ob gehen oder treten – das Erleben war im Vordergrund. Das Sein im Jetzt. Und plötzlich sah ich so viel mehr in diesem Hier. Die Blumen, die sonst schnell an mir vorbei rasten. Oder ich an ihnen. Das gemütliche Feldbett, das der Weizen in die Landschaft malte. Ich sah die aberwitzigsten und schönsten Figuren in den Wolken über mir und lächelte. Ich lauschte den Unterhaltungen der Vögel über mir. Dazwischen das stetige Knarzen meines Ledersattels. Ich vergass so vieles andere. Und ich war glücklich. In diesem Moment war ich glücklich. Es war egal, was sonst in meinem Bauch, in meinem Herz herumstotterte, was sonst Sorgen machte und mich – gerade aufgestanden – wieder umstieß. Nichts war mehr wichtig. Schon gar keine Höchstgeschwindigkeit, keine 60, 70 oder 80km am Tag. Dafür dieser Moment innerer Ruhe. Es tat so gut.

Mein perfektionistischer Anspruch sagte mir bisher immer: Wenn Du keine 15-20min still sitzt beim Meditieren, dann ist das ja alles pipifax. Auch wenn ich im letzten Jahr im mbsr Kurs immer wieder das Gegenteil gehört habe, so hat mein innerliches Wesen immer gerufen: Jaja. Aber so richtig, so echt ist das doch nicht. Das hat dann dazu geführt, das ich mich selbst gestresst habe. Natürlich würde ich am liebsten täglich ausgiebig und lange meditieren. Aber das geht sich einfach nicht immer aus mit den Kindern. Nicht in dem erwünschten Ausmaß. Umso seliger war ich, dass ich an diesem Radtourenwochenende doch immer kleine meditative Momente ergaben. Denn wenn ich irgendwo am Spielplatz sitze, am Seeufer oder irgendwo unterwegs bin, dann finde ich immer sofort Steine, Hölzer, Blätter und Blüten, mit denen ich irgendwelche Bilder oder Figuren lege. Das macht mir größte Freude und auch dabei gerate ich in einen Zustand ganz im Hier und Jetzt. Das beglückt mich, das ist pure Leidenschaft im Tun.

Beseelt von einem wundervollen Wochenende ausschließlich draußen begebe ich mich nun wieder in den Alltag. Möge der Zauber noch ein wenig in mir nachhallen.

Wann geratet Ihr in meditative Zustände, welche Tätigkeiten beglücken und beseelen Euch? Erzählt mir davon, ich bin neugierig!

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