Ich bin dopaminsüchtig. Punkt.
Dopamin ist ein Neurotransmitter. Es schaltet zwischen Neuronen in unserem Gehirn und ist dafür verantwortlich, dass wir Glücksgefühle empfinden können. Als Beispiel: Ich poste ein Foto auf Facebook. Jemand gibt diesem Foto ein like. Mein Hirn hüpft. Hurra, jemand findet toll, was ich poste. Das will ich natürlich gern öfter erleben, das ist schön. Also verbringe ich mehr Zeit dort, poste, kommentiere und suche nach likes. Ähnlich geht es mir, wenn eine Nachricht auf meinem Handy eintrifft. Ich erinnere mich noch daran, wie es mich früher, auf meinem alten Nokia, glücklich gemacht hat, wenn das Briefsymbol aufschien, weil eine sms angekommen ist. Manchmal habe ich dieses Symbol angestarrt nur um das Gefühl eine Weile hinauszuzögern. Ganz in echt.
Dopamin ist schön. Glücksgefühle sind großartig.
Aber Ausprägungen dieser Dopaminsucht, also dieser fast schon energischen Suche nach likes, nach Interaktion im Netz, ist unterschiedlich ausgeprägt. Und ich bewundere die Menschen, die ohne social media auskommen.
Dopamin wird auch ausgeschüttet, wenn uns etwas gelingt, wenn wir ein Zeil erreichen. Es ist im Sport der natürliche Antreiber und Motivator und es ist der Grund, warum Belohnungen so gut funktionieren uns zu motivieren. Dopamin wird auch beim Shoppen ausgeschüttet übrigens. Und auch süßes oder fettiges Essen führt zu Dopaminausschüttung. Jetzt könnte man sagen: Setze dir gute Belohnungsstrategien, dann erreichst du deine Ziele. Aber so leicht ist das nicht. Denn diese Glücksgefühle machen süchtig. Wir wollen mehr davon und mehr und mehr. Wir werden süchtig. Unser Gehirn ist im Dauereinsatz. Das strengt an. Wir finden nicht zur Ruhe, zum Stillstand. Deshalb greifen wir dann in jeder freien Sekunde automatisiert zum Handy.
In erster Linie heißt es also: Dopaminsucht erkennen und die Auslöser reduzieren. Mich zu fragen: Warum ziehe ich jetzt das Handy aus der Tasche? Warum klicke ich schon wieder auf das blaue Symbol mit dem f ? Oder: „Warum will ich das Foto von diesem Moment jetzt unbedingt hochladen?“ Was bezwecke ich damit?
Als ich Corona hatte, habe ich jeden Tag mein Empfinden über ein Foto auf Facebook geteilt. Das hat mir gut getan, Menschen haben reagiert und an meiner Situation Anteil genommen. Das hat sich gut angefühlt. Dadurch war ich sehr viel auf Facebook und bin wieder in das Muster des postens und likens hinein gekippt. So weit, dass ich auf einmal wieder gemerkt habe: TOO MUCH! Ich hänge in dieser Welt fest und finde nur schwer in meine zurück. Ich schaue ständig nach, wer was kommentiert und liked von dem, was ich poste. Also habe ich das sofort gelassen und seitdem Facebook auf dem Handy gelöscht. Leider muss ich Facebook beruflich verwenden und für meine Ausbildungen sind die Gruppen dort hilfreich. Ansonsten würde ich es zu gern ganz lassen. Wirklich.
Aber es hilft vor allem mir klar zu werden, wie oft ich es unsinnig verwende. Ich mache Fotos und denke sofort daran, diese zu posten. Jetzt frage ich mich immer: WARUM würde ich die posten? Was will ich damit erreichen? Klar, manchmal möchte ich inspirieren mit dem, was ich tue oder sehe oder denke. Aber in den meisten Fällen, will ich gesehen werden. Und hoffe auf viele likes. Davon distanziere ich mich nun mehr und mehr.
Im nächsten Schritt habe ich mein Handy ab 20 Uhr gesperrt. Ich kann noch normale Funktionen verwenden wie Wecker oder Wetter. Aber um soziale Medien, Spiele oder das Internet zu verwenden, muss ich das Limit aufheben. Klar geht das, aber ich frage mich dann: Ist das jetzt wirklich wichtig? Ist es selten. Eigentlich nie. Meine Bildschirmzeit hat sich in der letzten Woche um 15% reduziert.
Diese Woche ist Instagram dran. Ich beobachte aktiv mein Verhalten hier. Ich mag Instagram, mag die Inspiration, die ich dort erhalte und freue mich, wenn ich inspiriere. Aber wie oft scrolle ich durch längst gesehene Inhalte, poste Stories, die vielleicht unnötig sind? Beobachten. Bewerten. Hinterfragen.
Und besonders schön ist es zu überlegen: Was kann ich stattdessen sehen, fühlen, erleben? Die Abende sind jetzt viel bewusster mit den Kindern, weil ich nicht mehr dauernd zum Handy greife. Und ich fotografiere nicht mehr jede Situation, weil ich mir oft denke: Genieße sie doch einfach, statt sie jetzt durch das Handy durch den Bildschirm zu erleben.
Zucker reduziere ich seit Jänner schon sehr und werde das weiterhin tun.
Auf Alkohol werde ich in der Fastenzeit wieder verzichten, das ist mir im Jänner erfolgreich gelungen. Am Wochenende habe ich Wein getrunken und festgestellt, dass er meine Wahrnehmung so unfassbar verzerrt, das tut mir nicht gut. Gar nicht gut.
Und so fange ich mal an, der Dopaminsucht zu entkommen. Schritt für Schritt. Besenstrich für Besenstrich. Und vor allem freue ich mich darauf, das Leben wieder bewusster zu erleben. So ganz in echt. Mit Händen und Ohren und Augen. Und gleichzeitig will ich natürlich darauf achten, was bei mir natürlich Dopamin ausschüttet. Wenn ich an meinem Buch weiterschreibe. Wenn es mir in einer Meditation gelingt, wirklich in die Stille zu finden. Wenn ich nach einer Runde Yoga meinen Körper gut spüre. Wenn ich mir kleine winzige Mikroziele stecke und diese erreiche. Wenn ich Wertschätzung erfahre für etwas, was ich getan habe, ohne es extra dafür getan zu haben. Wenn ich etwas schaffe, von dem ich unsicher war, ob ich es schaffen kann. (Dabei kann ich doch alles schaffen!!!)
Denn ja, Dopamin ist wichtig und tut gut. Wir brauchen die Glücksgefühle. Nur nicht in dem Ausmaß wie bisher.
Was glaubst du von dir? Würdest du dich als dopaminsüchtig einschätzen? Wie geht es dir damit?