Das Leben besteht ja irgendwie nur aus Vorwärts- und Rückwärtsgang. Selten, viel zu selten, sind wir im jetzigen Moment. Meist stürmen wir voraus und dann haben wir manchmal auch große Erkenntnisse. Dann kommt das Leben daher und katapultiert uns wieder Meilen zurück.
So sitze ich nun wieder hier und habe das Gefühl meinem Leben nur hinterherzulaufen. So oft denke ich: Es nimmt Fahrt auf, es rennt alles aber dann das große Stop Schild. Hier ist es die zweite Runde Corona. Das Homeoffice mit (kranken) Kindern daheim. Der Energieverlust im Körper, wo ich gerade dachte, ich wäre am aufsteigenden Ast. Alles Erinnerungen daran, dass wir zu selten einfach im Jetzt sitzen. Und ich kann jetzt jammern und rufen: „Aber waruuum? Waruuuum schon wieder wir?“ Und vermutlich würden viele mir zustimmen und mich bedauern. Einige tun das auch. Andere fragen, wie ich es schaffe, dennoch gut gelaunt und fröhlich zu sein. Nunja, was soll ich tun, ob ich es mit Humor nehme oder größtem Frust – es ändert nix daran, dass die Situation ist, wie sie ist.
Der große Sohn hatte heute Früh Knoten in seinen Schuhbändern, die er nicht aufbekommen hat. Der Schuh flog durch die Küche vor Wut. Ich musste lachen, innerlich natürlich, um ihn nicht noch mehr zu verwüten. Ich nahm den Schuh und löste mit ruhigen Fingern den Knoten. Wenn wir uns verbeißen in etwas, zerren wir nur noch fester am Knoten. Und verrennen uns in unserer Wut.
Auch ich war wütend letztens. Auf mich selbst nämlich. Weil ich wieder und zum hundertausendsten Mal erkannt habe, dass ich mich selbst so abhängig mache von der Außenwelt. Ich habe geschrieben „Als ich begann mich selbst zu lieben“. Und in Wahrheit bin ich da auch schon große Schritte gegangen in die richtige Richtung. Aber ich bin noch lange nicht da. Das flog mir in den letzten Tagen gehörig um die Ohren und ich hätte mich am liebsten selbst durch die Küche geschleudert wie der Sohn seinen Schuh. Hilft aber auch nix, tut nur noch mehr weh.
Ich habe viel darüber nachgedacht und mich gefragt, wo meine Baustellen sind. Und ich merke immer wieder: Es ist diese verdammte Selbstliebe. Sie ist der absolute und pure Schlüssel zu allem. Ich habe mich abhängig gemacht von Gefühlen, die andere Menschen ausgelöst haben in mir. Aber niemand kann Gefühle in mich hinein stopfen, sagte mir eine meiner zwei lieben Coaching Buddies aus der Lifetrustcoaching Ausbildung. Die Gefühle sind in mir. Das hat etwas bewegt. So richtig. Kann ich also nicht selbst diese Gefühle in mir auslösen? Wäre das nicht traumhaft und wunderbar?
Heute ganz früh saß ich im Dunkeln im Wohnzimmer und habe meditiert. Kurz nur, denn der kleine Sohn war schon am Aufwachen. Aber doch. Und der Fokus richtete sich auf mich, auf diese Selbstliebe. Darauf, was ich selbst in mir sehen kann. Und da war es kurz, das Gefühl. Eines, das ich mir selbst schenken konnte, das ich nicht im Außen suchen muss. Ein schönes. Ein sehr sehr schönes Gefühl war das. Das zu verstärken ist nun die Aufgabe.
Und ich wünsche mir so sehr, dass wir das alle lernen, denn es würde die Welt zu einem so viel besseren Ort machen. Natürlich taucht sofort die Frage auf: Ist das gerade angebracht? In Zeiten wie diesen, in denen nebenan der Krieg herrscht? Aber die Antwort ist einfach: Wir müssen. In unserer Hilflosigkeit und Ohnmacht müssen wir alles daran setzen, die Welt zu heilen. Nicht heute und nicht morgen wird das geschehen. Aber uns hinzusetzen und nichts zu tun, ist auch nicht förderlich. Natürlich können wir darüber hinaus schauen, was geht. Spenden, helfen und alle Kräfte mobilisieren. Es tut gut mal wieder zu hinterfragen: Was ist wirklich wichtig im Leben? In Anbetracht der Menschen, die gerade alles zurücklassen und nur mit ihrem eigenen Leben aus ihrem Land flüchten, ist das eine wertvolle Überlegung. Aber wir dürfen dabei nicht verharren und unser Leben auf Stillstand setzen. Das bringt weder uns noch diesen Menschen etwas.
Unlängst habe ich ein Foto von mir gefunden. Ein altes, sehr altes Foto. Ich habe diese Frau auf dem Foto angeschaut und gestaunt. Nie habe ich diese Frau mit den Augen gesehen wie heute. Warum nicht? Warum mussten 15 Jahre vergehen um sie wahrhaft zu sehen? Zeitverschwendung. Betrachten wir uns heute in all unserer Schönheit, unserem strahlenden Wesen, unserem Humor und unserer Inspiration für die Menschen da draußen. Sehe wir unserer Weisheit oder unser Leuchten. Es steckt in jedem von uns, aber wir sehen es so oft nicht. Wir winken ab, wenn jemand Komplimente macht. Wir reden Dinge klein, die wir geschafft haben. Hören wir auf damit. Heute noch.
Was macht dich aus? Was kannst du heute in dir sehen? Was ist Dein Leuchten? Sieh es, nimm es an, feiere es!