Gerlinde und Gerda

Die letzten Tage ging es mir gut. Richtig gut. So gut wie schon sehr lange nicht. Es ist ja nicht immer leicht, wenn die Kinder zu ihrem Papa gehen. Schon gar nicht, wenn sie das zwei Wochenenden hintereinander tun, weil es die Ferienplanung nicht anders möglich macht. Sie fehlen mir dann, diese drei Nasen. Aber natürlich genieße ich auch die Zeit mit mir selbst. Sehr sogar und nach kurzer Zeit bin ich dann in dieser anderen Welt.

Im Moment habe ich das Gefühl ganz da, in dieser Welt, ganz bei mir anzukommen. Ich verbringe so viel Zeit nur mit mir selbst. Dann treffe ich Freunde und gehe hinaus. Kehre danach zu mir zurück. Es tut gut. Es fühlt sich gut an. Und sogar die Freude kehrt zurück. Die habe ich lange nicht gespürt.

Das Wochenende war dicht. Ich habe wenig von dem gemacht, was ich vorhatte. Aber es hat sich dennoch gut angefühlt. Ich habe Freundinnen getroffen und viele lange Gespräche geführt. Auch das war gut. Und dann merkte ich schon, wie die Angst in mir aufkam. Wie lange kann das anhalten? fragte Gerlinde. Gerlinde ist die nervige Stimme in meinem Kopf, die schon seit Jahren alles klein redet. Vor allem mich. Die Stimme, die mir immer gesagt hat was geht und was nicht, was möglich ist und was nicht. Gerlinde. Gerlinde war plötzlich wach und in action!

Blödsinn, antwortete Gerda. Gerda ist neu hier in mir drin. Die Stimme, die sich immer öfter erhebt, wenn Gerlinde drauflos kräht. Halt die Klappe, Gerlinde! rief sie und blickte stolz nach oben. Ich lauschte ihnen belustigt, den beiden Damen in meinem Kopf. Und war gespannt, was passieren würde.

Nachts um 4Uhr wachte ich auf. Halsweh. Schluckbeschwerden. Morgens kam ich kaum aus dem Bett. Fühlte mich schwach und platt. Aber die Arbeit rief, also raffte ich mich auf.

Gerlinde lachte schadenfreudig. Hab ich ja gleich gewusst, krähte sie. Gerda blickte sich müde und verschlafen um. Blöde Kuh, flüsterte sie, das Kratzen im Hals ignorierend. Sie ist noch neu hier, die Gerda. Das muss man ihr verzeihen. Aber das nächste Mal, da wird sie Gerlinde fertig machen, davon bin ich überzeugt.

Und derweil sitze ich hier, lausche den beiden. Füttere Gerda mit Tee und trockne Gerlinde aus.

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