Mein Leben lang habe ich damit gehadert, dass ich nicht wirklich viele gute Freunde habe. Ich hab mich oft mit meinen Gedanken und Problemen allein gefühlt. Mich nach Menschen gesehnt, mit denen ich mich austauschen kann, die mich verstehen, an die ich mich wenden kann, wenn ich Hilfe brauche. Es ist nicht so, dass ich keine Freunde gehabt hätte, aber die wirklich tiefen Freundschaften, waren alle sehr alte und weit weg. Aber hier, in meinem Leben jetzt, da schien es niemanden so recht zu geben.
Wenn ich zurück blicke, stimmt das nur teilweise. Es gab schon immer wieder Menschen, die mir nahe standen, aber ich habe sie nicht an mich herangelassen. Oder mich nicht an sie herangetraut. Eine Mischung aus beidem vermutlich. Und wenn ich da hinspüre, dann weiß ich auch mittlerweile, was das eigentliche Problem war: Ich habe mich in mir selbst nicht wohl gefühlt, habe mich nicht wertvoll genug gefühlt für die Freundschaft mit anderen. Ich habe mich vorschnell von Menschen distanziert und diese Menschen damit von mir fern gehalten. „Du hast immer so distanziert gewirkt, als wolltest du mit niemandem etwas zu tun haben wollen“, sagte mir mal eine Frau, die ich eigentlich gern näher kennengelernt hätte, es aber genau aus diesem Grund nicht geschafft habe. Und ich glaube, das beschreibt mich in der längsten Phase meines Lebens sehr gut. Ich war immer diejenige am Rand, mich musste man immer ansprechen, ich bin selten auf Fremde zugegangen. „Ich kann kein Smalltalk.“ war meine Ausrede. Außerdem fand ich Smalltalk doof und somit waren neue Begegnung gleich mal blockiert.
Heute habe ich einen Auszug aus einem Talk von Brené Brown gesehen und sie sagte: „I don’t think there is anything more important, in terms of changing my mind, than this: Our connection with other people is only as solid as our connection with ourselves.“ BÄMM. Das schöne daran war aber, dass ich erkannt habe, dass sich das für mich in den letzten Monaten extrem gewandelt hat.
Denn mir ist schon aufgefallen, dass ich ganz anders auf Menschen zugehe, mit Menschen ganz anders agiere. Ich bin offener geworden. Ich rede anders mit ihnen, ich höre ihnen zu, ich versuche ihre Realität zu sehen, ohne ihnen meine überzustülpen. Und ich erlebe Begegnungen und zwischenmenschliche Beziehungen anders. Sie sind wertvoller für mich geworden. Ich erlebe mich als wertvoller und nehme die anderen als wertvoller wahr. Und all das ist glaube ich passiert, weil ich mich selbst mehr schätze, akzeptiere, liebe. Ich glaube nicht nur, ich weiß es. Und das fühlt sich unfassbar gut an.
Wie oft habe ich mit mir gehadert. Wie sollten dann die anderen Menschen einen Zugang zu mir finden? Wie sollten sie mir vermitteln, dass ich ihnen wichtig bin, ihnen etwas bedeute, wenn ich es mir selbst nicht geglaubt habe? Heute kann ich viel besser sehen, dass wir füreinander wertvoll sind.
Es könnte mir jetzt weh tun, dass ich mir so viele mögliche Freundschaften all die Jahre selbst verbaut habe, dass ich mir selbst im Weg stand. Aber ich kann auch einfach sehen, dass ich da jetzt etwas großartiges gelernt und erfahren habe. Und dass ich jetzt die Möglichkeit habe noch so viele tolle Freund:innen zu entdecken für mich. Neben all denen, die ich längst schon habe.
Wenn ich nun manchmal an meinen kinderfreien Wochenenden hier sitze und überlege, ob ich lieber jemanden treffen möchte, muss ich mir das gut einteilen. Welche Freundin frage ich, wen treffe ich wann und wo? Denn ich habe auf einmal das Gefühl, sehr viele Freundinnen zu haben. Da sind sehr viele wertvolle Menschen in meinem Leben, mit denen ich unterschiedlichste Dinge besprechen kann und die, davon bin ich überzeugt, für mich da sind, wenn ich sie brauche. Nur will ich ja auch sehr oft sehr gern allein sein. Nicht, weil ich mich nicht für freundschaftstauglich halte, sondern weil ich auch wirklich sehr sehr gern mit mir selbst bin und die Dinge tue, zu denen ich sonst nicht komme. Ich bin darüber sehr glücklich, es fühlt sich ausgewogen an. Ich fühle mich in mir ausgewogen an. Das ist ein Gefühl, dass ich jahrelang gesucht habe. Und ich bin endlos dankbar dafür.
In dem Buch „Loveless“ schreibt Alice Oseman: „Give your friendships the magic you would give a romance. Because they’re just as important.“ Und ich liebe das sehr sehr sehr. Und deshalb behandle ich meine magischen Freundschaften jetzt ganz besonders.
Dieser Artikel könnte von mir sein! Wenn ich mir bewusst gewesen wäre, dass es es so ist :-)) War es aber bis eben nicht, daher danke danke! Das hat einen Gedankenknoten gelöst und genau so ist es bei mir. Toll, durch deine Worte mich selbst wiederzufinden und nun Klarheit zu haben. Das stimmt einfach so mit mir überein, wie auch sooo viel von allem, was Du schreibst. Danke, liebe Nadine!!!!