Zurück aus der Stille

Sieben Tage Vipassana liegen hinter mir. Ich bin eindeutig verlangsamt noch. Im Körper und im Kopf.

Schon letztes Jahr war ich für ein kurzes Schweigeretreat im Buddhistischen Zentrum Scheibbs und habe schweigend in einer Gruppe meditiert, bin dem Buddhismus ein Stück näher gerückt. Danach habe ich mich sofort für ein 7-tägiges Vipassana angemeldet. Ich wollte mehr. Mehr Stille. Mehr Ruhe. Absurd eigentlich, denn in Wahrheit wollte ich damit ja weniger. Weniger Lärm. Weniger Gedanken. Weniger Tun müssen.

Klar war ich nervös. Sieben Tage Stille. Sieben Tage ohne den Kindern. Gut, das habe ich im Sommer auch manchmal, wenn sie mit dem Papa im Urlaub sind, aber dennoch. Sie fehlen mir schnell, meine kichernden Nasen. Und würde ich ihnen nicht auch fehlen? Und wie wäre das sieben Tage allein nur mit mir selbst?

Klar sind da andere Menschen, gar nicht mal so wenig. Ein bisschen zu viele für meinen Geschmack sogar, im Meditationsraum war es eng, vor allem beim Yoga. Und im Essraum, wenn wir schweigend nebeneinander unsere Suppen gelöffelt haben, Butter über den Tisch gereicht, stumm gelächelt haben. Es ist eine andere Form der Begegnung mit Menschen. Man malt sich Bilder aus im Kopf, jeden Tag lernt man die Person, die täglich neben oder vor einem sitzt, ein bisschen besser kennen. Und irgendwie auch gar nicht. Aber darum geht es auch nicht. Es geht um die innere Stille. Das Bei – sich – Einkehren. Und das kann gut sein, es kann weh tun, schmerzen, wohltun. Da ist alles dabei. Jeder Tag ist anders, jeder Abend eine neue Herausforderung, wenn der letzte Gong den Abend beschließt und alle auf die Zimmer verschwinden. Dann bist du allein. Ohne Handy, ohne Musik, ohne Ablenkung. Jedenfalls, wenn du es ernst nimmst. Das habe ich.

Dann kannst du im Bett liegen und die Deckenbalken betrachten. Und plötzlich merkst du: Wow, das entspannt. Nichts müssen. Nichts wollen. Ich hatte mir Papier und Stifte mitgenommen, um ein wenig in Stille zu malen. Aber selbst darauf hatte ich wenig Lust. Die Deckenbalken wurden meine Freunde, der Teppich unter mir die Wohltat nach einem langen Tag in der Meditation. Die Marder hinter der Dachschräge erheiterten mich, der Regen prasselte an so manchen Nächten kräftig gegen das Dachfenster. Dann wieder Sonne, das bunte Laub an den Bäumen rundherum. Hat das schon immer so geleuchtet?

Man könnte hier über vieles Nachdenken, innere Klausur machen, Projekte überlegen, Ideen sammeln und entwickeln. Oder man sitzt, liegt, geht und steht einfach nur. Und staunt. Und beobachtet sich. Die Natur. Den Himmel. Und die eigenen Gedanken. Welche Schleifen die ziehen. Wo sie herkommen und welche Fragen entstehen.

Dazu die buddhistische Lehre, die mich immer tiefer anspricht, immer mehr Sinn macht, mich immer mehr da abholt, wo ich bin und mir ein ZuHause bietet, das ich nie hatte. Man kann es Glaube nennen, ich nenne es Zuflucht.

Buddham Saranam Gacchami.
Buddham Saranam Gacchami.
Buddham Saranam Gacchami.

So wunderbar erklärt und lebhaft vermittelt von der großartigen Ursula Lyon. 95 Jahre alt. Das blühende Leben. Pure Freude. Lebensenergie und ein Humor, der immer wieder viel Gelächter in die Stille gebracht hat. Auch das darf sein. Und das tat gut.

Und jetzt bin ich zurück. In der Welt. Auf einem anderen Planeten als gestern noch. Gehe langsamer. Versuche zurechtzukommen. Halte immer wieder inne. Und rezitiere:

Ich bemühe mich
Unheilsames zu lassen
Heilsames zu tun
Meinen Geist zu klären
Und mein Herz mit Liebe zu füllen.

(Dhammapada 183)

Ich denke noch viel an die Stille, an die Gespräche am Ende, nach dem Schweigen. Und versuche, den Buddhismus in meinen Alltag zu integrieren. Für meinen heilsamen Weg. Auf den ich nun zurückgekehrt bin. Um weiterzugehen. Immer weiter. Meine Füße spürend. Einatmend. Ausatmend.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Nina

    Liebe Nadine, ich lese deinen Blog sehr gerne. Habe auch jetzt, wo es einige Zeit still war hier, immer wieder nachgesehen. Danke für deine Worte und dein Gedanke und dein Spüren 🙂 liebe Grüße

    1. buntraum

      Liebe Nina,
      vielen lieben Dank für Deine Zeilen, ich bin immer wieder erstaunt, wer hier trotz der langen Stillephasen dennoch mitliest. Danke. Alles Liebe, Nadine

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