Heute vor zwölf Jahren saß ich im Haus der Musik in dem Raum, in dem man hören konnte, was ein Kind im Mutterleib hört. Es war ein eigenartiges Gefühl meine dicke Kugel zu steicheln, darin ein Baby zu wissen, das seit 9 Monaten (naja, fast) hört, was ich da gerade hörte. Nachts um 1.23Uhr (was für eine schöne Uhrzeit) hielt ich dieses Baby dann im Arm und es war völlig surreal.
Ein Hoch auf die Hormone! Hatte ich eben noch das Krankenhaus zusammengebrüllt aus Angst, mir würde es den Unterleib zerreissen, so hielt ich nun breit grinsend ein Baby im Arm, das zweifellos das schönste und süßeste Ding war, was ich je gesehen hatte. Und das sollte nun meins sein, das sollte nun ein Kleinkind, ein Schulkind, ein Teenager, ein erwachsener Mensch werden. Verrückt!
Ich bin unfassbar dankbar für diese Erfahrung. Das Mutterwerden, das Muttersein. Zwölf lange Jahre ist das nun her. Es fühlt sich an, als wärst du schon immer ein Teil von mir und gleichzeitig, als wäre das gestern gewesen, denn ich kann noch jeden Moment so sehr fühlen. Mein Leben unterteilt sich immer wieder in früher – bevor ich Kinder hatte – und jetzt. Diese magische Grenze zwischen alt und neu, zwischen damals und heute. Ein ewig langes Jetzt.
Es hat viel von mir gefordert, dieses Muttersein und das tut es noch immer. Heute erst wieder wache ich auf nach einer fast schlaflosen Nacht. Weil ich nicht weiß, was ich zuerst machen soll heute neben der Arbeit, wann ich dich zum Fußball bringe, abhole und was ich zwischendurch mit den anderen Kindern machen soll. Wann backe ich den Kuchen, was muss ich noch schnell besorgen, damit morgen früh, so wie immer, ein zauberhafter Geburtstagstisch fertig ist.
Die Liebe zu meinen Kindern ist das stärkste, was ich je empfunden habe. Sie ist bedingungslos, voll total echt und unbezwingbar. Sie wird nie ausgehen, und das ist wunderschön. Sie ist dennoch zart und sanft und ich möchte sie achten und halten. Nicht zu fest und nicht so locker. Gerade so, dass sie sich darin frei bewegen und entfalten können. Eine ewige Gratwanderung an Festhalten und Loslassen.
Das erste Kind ist trotz aller Liebe zu den anderen Kindern immer noch besonders. Es ist das erste in allem. Mit ihm ist jede Entdeckung eine neue, die bei den anderen schon ein „Achja, das…“ ist. Auch wenn es anders ist bei jedem Kind, so ist bei Dir, mein Großer, alles besonders neu. Das ist nicht immer leicht, weder für dich noch für mich. Aber immer wieder spannend und neu, niemals fad. Und Du, mein Großer, bist sowieso besonders. Denn in dir steckt nicht nur viel von mir, sondern auch viel von meinem Bruder, der sich scheinbar in Dir ein wenig ausgebreitet hat. Du wirst ihm immer ähnlicher, das ist schmerzhaft und wunderschön zugleich. Und dennoch bist du doch ein ganz eigenes Wesen und so wie du bist rundum perfekt. Lass dir bloß nie etwas anderes einreden!
Die zwölf Jahre Muttersein haben mich sehr geprägt und wachsen lassen. Sie haben mich zwischendurch zu Boden geworfen und gefordert wie kaum etwas anderes in meinem Leben. Sie haben mir meine Grenzen deutlich aufgezeigt und mich dazu aufgefordert diese jetzt neu zu zeichnen und zu wahren. Sie haben mich wachsen lassen auf ganz besondere Weise, so wie ich es vorher nicht kannte. Ich bin sanfter geworden, zu mir und zum Leben. Ich bin stärker geworden und habe einen Mut entdeckt, den ich vorher nicht kannte. Ich bin wütender geworden mit jedem Wutausbruch meiner Kinder. Und mit jeder Ungerechtigkeit, die ihnen widerfährt. Ich bin wütend geworden auf die Welt und die Gesellschaft, die uns Mütter klein macht und kaputt. Die alte Muster predigt und die Kleinfamilie heiligt. Ich bin wütend auf ein Bildungssystem, das veraltet ist und rostig. Aber all die Wut entfacht Feuer in mir. Und viel dieser Wut ist belebend. Ich spüre mich wie sonst nie zuvor. Ich lebe. Für mich und meine Kinder. Das ist mein Universum im Moment. Hier umkreisen sich meine zwei Welten wie Planeten im Weltraum. Immer wieder krachen sie aufeinander, es knallt und dann wird für einen Moment wieder alles ganz still.
Ich liebe meine Kinder. Ich liebe mein Leben mit ihnen. Der Kuchen ist fertig. Morgen feiern wir den Großen. Und ich feiere mich. Für diese zwölf Jahre und alle, die noch kommen. Danke Universum, für dieses pure Glück!