Bei mir ankommen. Immer wieder.

Am Donnerstag sind die Kinder zum Papa gegangen. Das tun sie ja normal jede zweite Woche. Aber dieses Mal hatte ich sei drei Wochenenden hintereinander. Weil er sie davor drei Wochenenden hintereinander hatte. Irgendwas mit Urlaub und damit sich nicht der Rhythmus fürs ganze Jahr verschiebt, haben wir das so gelöst. Ist ja auch okay. Was ich nicht bedacht habe war, dass wenn ich sie drei Wochenenden am Stück habe, ich sie auch in den Wochen dazwischen habe und somit also 4 Wochen die Kids. Allein.

Hinzu kam der Schulendspurt. Das Bangen und die Gewissheit, dass der Sohn das Schuljahr nicht schafft. Die steigende Unlust des Jüngsten in die Schule zu gehen und dafür abends ins Bett zu gehen. Die ganz normalen Emotionen von Teenagern und Kindern. Meine eigenen dazu. Arbeit. Alltag. Ich hatte vergessen, wie schnell die Erschöpfung vor der Tür steht.

Letzte Woche habe ich begonnen das Buch “Die Träume anderer Leute” von Judith Holofernes als Hörbuch zu hören. Zuvor hatte ich sie im Podcast bei “Hotel Matze” gehört. da erzählt sie offen und ehrlich von ihren Burnouts, die sie hatte. Weil Muttersein und Rockstarin einfach nicht zusammen gehen. Da fühlte ich mich wieder so klein. Darf ich denn erschöpft sein? Ich hab ja “nur” meinen Alltag. Ich bin ja nicht noch berühmte Rockstarin dazu. Ich musste ja nie bis spät abends auf der Bühne stehen um dann die Kids im Tourbus zu versorgen. Wieso beklage ich mich eigentlich.

Aber wer bestimmt denn, wann ein Burnout gerechtfertigt ist? Wie kann es denn sein, dass ich mich selbst noch fertig mache, weil meine Erschöpfung keine sein darf oder ich kein Recht dazu habe? Ich glaube, dass wir oft in diesen Schleifen hängen. Die anderen schaffen das ja auch. Wer hat es denn am härtesten? So ein Quatsch. Wir rutschen von “Ach schau, wie hübsch die die Brotdosen ihrer Kinder herrichtet!” zu dem Vergleich “Ach guck, na die hat es aber auch dreimal so schwer wie ich, die darf ja am Ende sein.” Wann ist denn das passiert, dass wir vom Vergleich nach oben in den Vergleich nach unten gerutscht sind und dabei uns selbst vollkommen verloren haben?

Ich habe also zwei Tage damit zugebracht mich auf dem Sofa sitzend zu wundern, warum es mir schon wieder so schlecht geht. Warum ich so antriebslos und träge bin. Bis mich eine Freundin überredet hat mit ihr kurz spazieren zu gehen. Aus kurz wurden drei Stunden. 15000 Schritte. Wir redeten viel. Über diese Schwere. Den unfassbaren Alltag mit Kindern. Das ewige Suchen nach sich selbst. Das Gefühl vom Anderssein, weil wir anders sind. Weil wir diese Gesellschaft hinterfragen, das Leben. Weil wir fassungslos sind darüber, wie die meisten Menschen ferngesteuert dieses Leben einfach leben. Sich Dinge kaufen, um Löcher zu stopfen. Den größten Müll essen, weil es sich für einen Moment gut anfühlt. Sich auf sozialen Medien ablenken mit dem Leben anderer Leute. Für €250.000 in eine Kapsel steigen, um zum Wrack der Titanic abzutauchen.

Nein, wir sollten uns nicht damit befassen, was andere tun. Sollten uns mit uns selbst beschäftigen. Aber es ist so schwer, wenn man mit sich selbst stets hadert. Komische Kommentare hört, weil man anders denkt, anders tut. Sich zurückzieht. Nicht mehr mit macht. Oder nicht mehr mitmachen will, aber muss, weil es (derzeit) keinen anderen Weg gibt. Weil auch wir gefangen sind in diesem Leben, diesem Alltag.

Ich glaube, dass gerade wir kreativen Menschen auch deshalb oft so erschöpft sind. Weil wir die Welt anders sehen. Weil wir Dinge aufzeigen wollen auf unsere Art, aber oft nur belächelt werden. Oder gar nicht beachtet. Weil wir vielleicht auch nicht so laut schreien, wie andere. Das trifft vor allem auf mich zu.

Es waren so viele Gedanken, die ich jetzt gar nicht alle hier zu Papier bringen kann. So viele, von denen ich dachte: Darüber würde ich gern bloggen. Überhaupt würde ich gern mehr bloggen. Öfter bloggen. Aber dann kommt dieser Alltag und ich finde keine Worte, denke mir, dass das noch niemand lesen will. Ist doch bloß Alltag. Dabei interessiert es mich so sehr, wie die anderen das machen. Wie die anderen denken. Ich möchte verstehen. Und lernen.

Heute habe ich wieder bis 9Uhr geschlafen. Das ist ungewöhnlich und hat mir deutlich gezeigt: Der Körper brauchte Ruhe. Stille. Erholung. Die hat er bekommen. Heute bin ich ruhiger. Zufriedener. Ich habe wieder Energie. Ich bin aus eigener Kraft spazieren gegangen. Habe die Wohnung geputzt und mir gutes Essen gekocht. Und jetzt schaue ich mich um und lächle und denke: Es ist doch alles okay. Es ist alles gut jetzt im Moment. Und morgen ist wieder ein anderer Tag. Ich bin angekommen bei mir. Mal wieder.

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