Die wohltuende Stille eines Punktes

Ich weiß nicht so genau, wann es sich eingeschlichen hat, ich habe ja noch eine Welt ohne Emails und Handys erlebt. Ich habe noch Briefe geschrieben mit der Hand und quer durch die Welt geschickt.

Ich weiß auch nicht so genau, wann es mir aufgefallen ist. Irgendwann haben mich die ersten Hinweisschilder auf öffentlichen Toiletten gestört. Achja, im Kindergarten war das sogar. Da wurde man immer “gebeten”, die Toilette sauber zu hinterlassen, aber das ganze mit irgendwas zwischen 4-9 Rufzeichen untermalt. Ich fühlte mich davon sehr unfreundlich angefahren.

Und irgendwie hat es sich durchgesetzt. Es gibt kaum mehr Hinweisschilder, die einen um etwas bitten und dies einfach nur freundlich in den Raum stellen. Doch von da geht es weiter. In Emails wird man auf etwas hingewiesen und das mit Nachdruck. Und Fragen werden mit drei Rufzeichen gestellt. Das ist so ähnlich wie der böse Blick oder der erhobene Zeigefinger der Eltern damals. Oder wie ein Lehrer, der fragt, ob man das denn jetzt endlich mal verstanden hat.

Ich glaube, dass es vielen gar nicht bewusst ist, wie ihre Nachrichten wirken, wenn sie diese mit drei Rufzeichen oder Fragezeichen beenden. Oder wie ein Satz in der Luft hängt, wenn er einfach mit drei Punkten beendet wird. Das ist ja auch so modern.

Ich habe es mir in letzter Zeit zur Aufgabe gemacht in meinen eigenen Nachrichten und Emails darauf zu achten, welche Satzzeichen ich verwende. Das macht ja auch was mit dem eigenen Schreiben, weil man viel achtsamer wird. Überhaupt möchte ich auch Nachrichten wieder besser ausformulieren, auch das verliert man ja in dieser schnellen Art der Kommunikation. Aber das ist nochmal ein anderes Thema. Mir ist aufgefallen, dass ich sehr oft Rufzeichen setze hinter ein Danke oder einen Gruß. Wenn ich das dann ersetze durch einen Punkt, wirkt das Ganze viel ruhiger, wohltuender. Sanfter. Und umgekehrt geht es mir auch so, wenn ich Nachrichten bekomme, in denen Sätze mit nur einem Punkt enden und nicht mit Rufzeichen.

Das ist so, als würde man jemandem sanft und liebevoll ein Glas Wasser auf den Tisch stellen, anstatt es ihm überschwappend hinzuknallen. Da muss man dann hinterher auch nicht den Fleck vom Tisch wischen. So angenehm ist das mit nur einem Punkt.

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