So recht ist nicht klar ob es Frühling ist oder doch Dezember, wie es der Kalender sagt. Eigentlich ist das ja auch egal. Es ist Mittwoch, so ein ganz normaler Mittwoch. Und weil sie geschworen hat nicht über den Winter zu schimpfen, weil sie im Sommer schon so leidet, schaut sie sich um, sagt nichts und freut sich über die Knospen, die ihre Nasen neugierig in die kalte Wintersonne strecken. Ob das wohl gut geht? Sie streift ihre zarte Haut mit den Fingern, dann geht sie weiter. Die Stadt ruft, der Lärm, der Alltag. Sie wird schneller, ihre Schritte überholen sich. Der Tag nimmt seinen Lauf. Und sie rennt sich selbst hinterher, schaut nach vorn, selten zurück. Keine Zeit. Erledigen, eins nach dem anderen. Meist hat sich hinter dem schon wieder was Drittes versteckt. Wer weiß das schon. Bälle auffangen und jonglieren, der Zirkusclown würde nur mit großen Augen dreinschauen, wenn er das sehen würde. Am Abend stolpert sie, lässt hier und da Bälle fallen, flucht und sammelt müde das Chaos wieder ein. Sie liegt im Bett und scrollt müde durch den leuchtenden Bildschirm ihres zweiten Gehirns. Entdeckt darin das Foto der Knospe. Sie erinnert sich an das weiche, zarte Gefühl unter ihren Fingern, als sie sie berührt hat. Spürt noch einmal die Wintersonne auf ihrer Nase. Und die Wucht des Alltags, der sie davongerissen hat. Dann schläft sie ein. Wen interessiert es da noch, ob es Frühling oder Winter ist?