Mit Vollgas ins neue Jahr. Gute Wünsche. Beste Vorsätze und eine ordentliche Ladung Alkohol senden den normalen Durchschnittsmenschen – naja und alle anderen auch – Silvester ins neue Jahr hinein. Beim Aufwachen liegt dieses in klebrigem Nebel. Es dröhnt von innen gegen die Stille des neuen Kalenderkreisels. Happy war gestern. Heute ist noch nichts new, nur das Datum.
Auf dem Tisch vor dem Haus liegt erfroren ein Überbleibsel der vergangenen Nacht. Das Ende eines lauten Abschieds vom Alten. Einmal noch zurück und den Kater des heutigen Morgens im Gestern parken. Zurücklassen. Neu anfangen.
Wo will man im Nebel eines frischen Jahres neu anfangen, wenn alte Muster noch auf der Haut kleben? Auf dem Tisch die alten Gläser. Im Kühlschrank verbogener Käse. Ablaufdatum gestern.
Kleine Frostschnipsel legen sich zart über die Erinnerungen der vergangenen Nacht. Bedecken die lauten Momente. Es zieht in der Brust beim Einatmen. Eiskalt, so ein neues Jahr. Hineinspringen und all das wagen, was gestern getragen und gehalten von Rotwein und Sekt so einfach schien? Der Kopf rebelliert. Ein zartes Surren in den Ohren. Stetig. Monoton. Die Ängste haben den Sprung ins neue Jahr auch geschafft und ziehen am Hosenbein. Halten mir die warme Bettdecke hin und sagen, was sie ewig predigen: Morgen ist auch noch ein Tag. Ich bin müde. Schwach. Gleich haben sie mich. Ich hole Luft. Eiskalte Luft. Es zieht. In meiner Brust. Im Herz. Durch den Kopf und zurück. Dann atme ich aus. Greife zum Korken und spüre die Kälte im Außen. In meiner Hand schmelzen die Frostschnipsel schnell. Kalt und warm verbünden sich. Ich hole aus und werfe ihn. Weit. Und weg. Ins alte Jahr zurück, wo er hingehört. Streife mir die Ängste vom Hosenbein wie lästige Kletten und gehe.